Gedanken zur Arbeit der Forschungsgesellschaft Kornkreise

von Max Seurig

Die FGK versteht sich seit Jahren als Forum für Interessierte verschiedenster Ansichten zum Kornkreisphänomen. Nicht immer scheinen aber die verschiedenen Erklärungsansätze miteinander vereinbar. Max Seurig mahnt in seinem Artikel dennoch zum konstruktiven Miteinander...



Herr Weisser, ein aktives Mitglied der Gesellschaft, das die Arbeit mit großem Interesse und mit kritischen Beiträgen verfolgt, hat während der Oktober-Tagung 1999 eine bemerkenswerte Feststellung getroffen. Seiner Meinung nach haben sich im Verlaufe der letzten Jahre drei Forschungsströmungen herausgebildet, die unvereinbar scheinen, eine Beobachtung, die auch von anderer Seite bestätigt werden kann. Die Befürchtung wächst, dass dieser Prozess letztlich zu einer Spaltung, auf jeden Fall aber zu einem Hindernis für eine gedeihliche Forschungsarbeit führen könnte. Vermutlich dürften folgende unvereinbare Gruppeninteressen vorliegen:

1. ausnahmslos alle Formationen werden als Menschenwerk betrachtet;

2. als Ursache für manche Formationen werden die Naturgesetze der Physik, Chemie, Gravitation usw. verantwortlich gemacht;

3. bei manchen Formationen wird auf metaphysische Verursachung gesetzt.

4. Unberücksichtigt sind Interessenten, für die auch UFO-Aktivitäten in Frage kommen; sie werden in einer Extra-Gruppe geführt.

Die erste Gruppe liegt im Rennen um Anerkennung an der Spitze. Dafür haben die Medien gesorgt, die ihr uneingeschränkt Beifall zollen. Denn das Rätsel der Kornkreise ist aus ihrer Sicht gelöst. Sie können sich bequem in ihre Sessel zurücklehnen, sich an wunderschönen Luftaufnahmen erfreuen, die zumindest ästhetischen Genuss bereiten, können Bildkalender und Postkarten herausgeben und bezweifeln im Geheimen oder auch offiziell, ob eine Forschungsgesellschaft, die diesen Namen verdient, überhaupt noch existenzberechtigt ist. Aber so einfach scheint die Sache gar nicht. Die Anhänger dieser Hypothese unterliegen nämlich auch einer gewissen Beweislast, wenn sie wissenschaftlich ernst genommen werden wollen, ein Umstand, den sie offenbar noch gar nicht begriffen haben. Sie haben die Aufgabe, zu recherchieren, wer denn nun welche Formation hergestellt hat. Das trifft besonders auf die Räume Schleswig-Holstein und Kassel zu. Wenn sich dort Hoaxer-Szenen etabliert haben, dann ist es die Pflicht und Schuldigkeit der dort ansässigen aktiven FGK-Vertreter, deren Unternehmungen aufzulisten. Um die Diskretion zu wahren, können die Macher schon aus juristischen Gründen und auf eigenen Wunsch selbstverständlich anonym bleiben. Aber sie könnten unter einer Decknummer geführt werden. Jedenfalls kann es nicht genügen, däumchendrehend zu behaupten, sämtliche Formationen seien das Werk der Szene. Nur auf diesem Wege wird es möglich sein, herauszufinden, ob die eine oder andere Formation tatsächlich in der Luft hängt und andere Erklärungsversuche erfordert.

Die zweite Gruppe hat bereits mehrfach bewiesen, dass sie ihr Anliegen mit Engagement und Unternehmungsgeist vertritt. Besondere Anerkennung gilt den Konstrukteuren derjenigen Apparaturen, mit denen geeignete Messungen vorgenommen werden konnten, auch wenn diese mit ihren Ergebnissen noch nicht den Erwartungen entsprochen haben. Berichten zufolge wird nach wie vor an biologischen Untersuchungen hinsichtlich beobachteter Halmveränderungen gearbeitet. Nicht von der Hand zu weisen sind Vermutungen über die Wirksamkeit von Pentagramm-Strukturen, die als eine Art Naturkonstante eine Rolle spielen könnten. Möglicherweise gehören auch die Beobachtungen zur Plasmakugelproblematik in diese Kategorie, falls es sich, wie bisher angenommen, um feinstoffliche Phänomene handelt. Vielleicht wird hier sogar der Grund für die Aufnahme einer neuen Naturerscheinung in den Bereich der Physik gelegt, ähnlich zu den Fachrichtungen Optik, Elektrizität u. a. Es gibt also für die naturwissenschaftliche Forschungsrichtung noch einiges zu tun.

Am schwersten hat es zweifellos die dritte Gruppe, ihre Vorstellungen erfolgreich zu verteidigen. Es gibt im naturwissenschaftlichen Zeitalter keinen Platz für Metaphysik, für echte Esoterik, für spirituelle Realitäten. Dennoch kann sie auf einige Phänomene hinweisen, die mit den bisherigen Erkenntnisqualitäten nicht zu erklären sind. Es hat zu allen Zeiten Menschen mit hellseherischen Fähigkeiten gegeben, mochten sie Kleinigkeiten des Alltags oder weltgeschichtliche Ereignisse vorausgesehen haben. Warum sollte man dann dem Bericht von John Sayer über seine nächtliche Vision der Entstehung einer Formation, die zwei Tage später tatsächlich entstanden ist, nicht die nötige Aufmerksamkeit schenken? Und warum sollte man die von Rudolf Steiner begründete Anthroposophie, die sich als Fundgrube zahlenmäßiger Angaben zur geschichtlichen Entwicklung, zu kosmischen Abläufen, wie sie sich in manchen Formationen wiederfinden, nicht in bestimmte Überlegungen einbeziehen, statt sie als müßige Zahlenspielerei abzukanzeln? Welche Intelligenz steckt hinter den großräumigen Konstruktionsprinzipien der schleswig-holsteinischen Formationen, wie sie in der Oktobertagung vorgestellt worden sind? Hat der Mensch mit seinen fünf Sinnen denn tatsächlich schon alle Geheimnisse des Weltganzen gelüftet? Fragen über Fragen angesichts der vorhandenen Diffamierung einer Erkenntnisebene, die auf eine zigjahrtausend alte Vergangenheit blicken kann.

Die vierte Gruppe bedarf keines weiteren Kommentars.

Zieht man ein Fazit zur Existenz der scheinbar unvereinbaren Interessengruppen innerhalb der FGK, so kann man zu einer ganz anderen Einschätzung gelangen. Sie sollten nämlich, statt ihre gegenseitige Abgrenzung in den Mittelpunkt zu rücken, vielmehr zu einem gesunden Wettbewerb zusammenfinden, was natürlich konstruktive Kritik nicht ausschließt. Sie sollten, jede auf ihrem Gebiet, ihre Untersuchungen noch intensiver fortsetzen, was unter Umständen auch eine gegenseitige Zuarbeit einschließt. Das betrifft vor allem auch die gewissenhafte Dokumentation der einheimischen Formationen, die Fixierung ihrer Abmessungen, ihrer Winkelwerte, soweit sie erfassbar sind. Vielleicht gelingt es so, eine Spaltung zu verhindern und wieder einem gemeinsamen Ziel zuzustreben: der Erforschung der bisher noch ungeklärten Phänomene der Kornkreise.


[aus FGK-Report 2/2000]