Projekt Zeitsprung

von Sascha Jakoblew

Über mutmaßliche Zeitanomalien in Kornkreisen wird immer wieder berichtet. sascha Jakoblew möchte diesem Phänomen auf die Spur kommen und hat nun die technischen Voraussetzungen dafür geschaffen.

 

In den vergangenen Jahren wurde ich von Augenzeugen mehrfach über Zeitanomalien in Kornkreisen informiert. Oft wurde dabei eine Armbanduhr mit der Uhr im Auto vor dem Betreten des Kornkreises verglichen und bei der Rückkehr zum Auto wurde ein zuvor nicht vorhandener Zeitunterschied festgestellt. Hatte sich der Kornkreisforscher etwas besser vorbereitet, so nahm er eine Stoppuhr mit in den Kreis und ließ eine vergleichbare im Auto liegen.

Leider sind solche und andere unglaubliche Ereignisse sehr selten und in der Regel nicht reproduzierbar. Wer ein Randphänomen erlebt steht im nachhinein oft vor dem Problem, das Erlebte gegenüber anderen glaubwürdig darzustellen.

Gerade für außergewöhnliche Zeitverschiebungen ist ein Nachweis relativ schwierig. Selbst bei Stoppuhren sind nach einigen Tagen Betriebsdauer ganz normale Zeitdifferenzen festzustellen. Sie liegen im Bereich zwischen einigen Sekunden bis hin zu Minuten. Genauere Uhren sind meist sehr teuer und ausgesprochen unhandlich.

Diese Probleme waren der Grund in diesem Jahr ein Gerät zu bauen, mit dem mehrere Uhren miteinander verglichen und eine Gangabweichung berechnet werden kann. Die komplette Einrichtung besteht aus einem Hauptmodul und bis zu 15 weiteren Uhrenmodulen. Das Hauptmodul, welches außer einem Display, einem Mikrocontroller und einem Protokollspeicher noch eine RTC-Uhr der Firma EPSON vom Typ RTC58321A enthält, dient zur Steuerung aller Messungen und zum Protokollieren der Meßergebnisse. Die Uhrenmodule sind mit den gleichen RTC-Bausteinen ausgestattet und haben außer einem 15poligen Stecker keinerlei Zugangsmöglichkeiten. Sie sind mit den Buchstaben A bis O gekennzeichnet. Abb. 1 zeigt das Steuermodul mit drei Uhrenmodulen. Die geöffnete Anordnung ist in Abb. 2 dargestellt.






Abb. 1 (oben): Die Meßgeräte für Projekt Zeitsprung
Abb. 2 (unten): Die Meßgeräte mit geöffnetem Gehäuse

Wenn keine Meßreihe läuft zeigt das Steuermodul nur das Datum und die Zeit im Display an. Um eine Messung zu starten ist es erforderlich eines der Uhrenmodule anzuschließen. Bei Beginn der Messung wird automatisch die Startzeit und das Datum beider Uhren aufgezeichnet. Am Ende werden die Uhren erneut miteinander verglichen und die Laufzeit, sowie die Abweichung werden protokolliert. Mit 15 Modulen können gleichzeitig 15 Messungen in einem oder verschiedenen Kornkreisen durchgeführt werden.

Es empfiehlt sich, nie ein Modul allein an einem Standort aufzubewahren, weil sich eine einzelne Uhr immer durch äußere Einflüsse verstellen kann. Ist auch eine zweite Uhr am Standort in gleicher Weise verstellt, so ist das Ergebnis viel sicherer. Eine laufende Meßreihe kann immer erst beendet werden, wenn das zugehörige Modul wieder auf das Hauptmodul gesteckt wird.

Am Ende der Saison sind alle Ergebnisse automatisch gespeichert und können als Protokoll an jedem Computer mit einem Terminalprogramm ausgegeben werden. Vor Ort im Kornkreis gibt es keine Möglichkeit, die Meßdaten und das Protokoll zu beeinflussen. Somit sind Manipulationen der Ergebnisse so gut wie ausgeschlossen.

Folgende Angaben sind dem Datenblatt des Herstellers für die RTC-Uhren zu entnehmen:

Auslieferungstoleranz: 10 ppm
Alterung: 5 ppm/Jahr
Temperaturbereich: -10 bis +70°C
Spannungsabhängigkeit: <2 ppm im genutzten Bereich
Temperaturabhängigkeit: -120 ppm bei +70 °C

Um Auswirkungen der Temperaturabhängigkeit zu verringern ist darauf zu achten, daß die Module während der Messungen nicht zu lange in der Sonne liegen. Eine Kühlung oder Temperaturkompensation ist in der Elektronik zunächst nicht vorgesehen, kann bei Bedarf aber nachgerüstet werden. Bei einer Höchsttemperatur von 40°C und einer linearen Temperaturkurve ergibt sich aus diesen Größen eine Meßgenauigkeit der Anordnung von <53 ppm. Mit etwas Sicherheit ergibt sich eine Toleranzgrenze von 60 ppm. Über kleinere Gangabweichungen kann daher keine Aussage getroffen werden.

Im Laufe der Saison 1999 wurden insgesamt 25 Messungen durchgeführt. Davon waren fünf mit jeweils drei Modulen an besonderen Orten. In diesem Jahr standen uns außer dem Steuermodul nur drei weitere Uhren zur Verfügung. Neben eventuellen Zeitverschiebungen wurde im wesentlichen die Handhabung der Meßeinrichtung im Feldeinsatz getestet.

Bei den Untersuchungen in Kornkreisen wurden immer zwei Uhrenmodule in den Kreis mitgenommen, während ein Uhrenmodul zusammen mit dem Hauptmodul im Auto blieb. Die angegebenen relativen Gangabweichungen ergeben sich aus den Mittelwerten der Uhren im Kreis gegenüber den Mittelwerten der Uhren im Auto.

Folgende Orte wurden untersucht:

Kornkreis an der Kreuzung bei East Kennet
Start: Sonntag, der 25.07.99 um 15:30:45 Uhr
Ende: Sonntag, der 25.07.99 um 17:24:44 Uhr
relative Abweichung: 1,06 ppm

Kornkreis am Barbury Castle
Start: Dienstag, der 27.07.99 um 11:11:15 Uhr
Ende: Dienstag, der 27.07.99 um 14:29:33 Uhr
relative Abweichung: 1,36 ppm

Kornkreis in Beckhampton und Kornkreis in Liddington
Start: Mittwoch, der 28.07.99 um 12:59:14 Uhr
Ende: Mittwoch, der 28.07.99 um 18:10:35 Uhr
relative Abweichung: 2,90 ppm

Kornkreis bei Avebury nahe der Stone Avenue
Start: Donnerstag, der 29.07.99 um 20:03:26 Uhr
Ende: Donnerstag, der 29.07.99 um 20:47:54 Uhr
relative Abweichung: 4,39 ppm

Rollright Steinkreis
Start: Montag, der 02.08.99 um 12:03:25 Uhr
Ende: Montag, der 02.08.99 um 12:30:14 Uhr
relative Abweichung: 4,82 ppm

Weil alle gemessenen Gangabweichungen innerhalb der Toleranzgrenzen liegen, können aus den diesjährigen Ergebnissen keine spektakulären Schlußfolgerungen gezogen werden. Möglicherweise muß eine erheblich höhere Anzahl an Messungen durchgeführt werden, um diesem Phänomen näher zu kommen. Es zeigte sich, daß die Messungen ohne großen Aufwand relativ leicht durchzuführen sind und die kleinen Module sich gut bei den übrigen Forschungswerkzeugen transportieren lassen.

Falls jemand mehr Informationen über die Meßgeräte benötigt, oder im nächsten Jahr selber Experimente damit durchführen möchte, so stehe ich dafür gerne zur Verfügung.


[aus FGK-Report 2/1999]