Im FGK-Report # 4/95 hat der 1. Vorsitzende der FGK, Herr Beier, einen kurzen und treffenden
Abriß über den Stand der Dinge in bezug auf Forschungsrichtung und Einsatz
gegeben. Bei einer genaueren Betrachtung der Frage und der Argumente, die diese oder
jene Richtung vorschlagen, ist mir Eines aufgefallen: Es gibt zwar immer mehr Wege,
die vor uns auftauchen und die wir in der Erforschung des Phänomens einschlagen
können, es gibt aber kaum jemanden, der/die sich dafür einsetzt, mehr als
einen Weg zu beschreiten, was zu der von Herrn Beier angesprochenen Polarisierung
führt.
Wohin gehst du, Kornkreisforschung? lautete seine Titelfrage. Die Antwort war früher
leicht: nach vorne. Heute sieht das Ganze etwas komplizierter aus, aber wenige Interessenten
stellen sich der neuen Sachlage.
Sicherlich ist diese Handhabung des Phänomens aus der Anfangszeit der Kornkreisforschung gewachsen, als es nur einen Weg gab: nämlich sich überhaupt auf die Problematik einzulassen, obwohl man doch als etwas skurril galt, wenn man Unbeteiligten von seinem Hobby erzählte. Der amerikanische Dichter Robert Frost sagte "...zwei Wege boten sich im Wald mir dar. Ich nahm den weniger beschrittenen, und das machte den ganzen Unterschied". KornkreisforscherInnen inner- und außerhalb der Gesellschaft haben bewußt den weniger benutzten Weg gewählt und hatten mit Widerständen zu kämpfen. Jetzt zeigt sich, daß der Weg richtig war, aber er hat entgegen den Vermutungen Einiger, die sich geradewegs durch den Wald walzen wollen, Abzweigungen und einige scharfe Biegungen, manchmal geht er auch nur knapp am Abgrund vorbei und hat so manche Stolperfalle zu bieten.
Als ich 1991 das erste Mal von den Kornkreisen hörte, waren die beiden Clowns Doug und Dave schon dabei, sich kräftig vermarkten zu lassen. Das heißt, mir boten sich von Anfang an mehrere Wege, da ich eine Zeit ohne Fälscher (oder falsche Fälscher) gar nicht mehr miterlebt hatte. Seitdem hat sich auch das Hauptaugenmerk der Fragen gewandelt. Während viele Mitglieder der alten Garde sich nur auf eine Frage stürzen - meistens "wer oder was macht die Kreise" - vergessen sie völlig, daß es auf ihrer einzigen und geraden Straße auch Abzweigungen gibt, die in letzter Zeit immer mehr an Bedeutung gewinnen. Die Erforschung des Phänomens bedeutet, nicht nur die Quellen, sondern auch die Randphänomene zu beachten. Die gesellschaftlichen Veränderungen, die mit den Kornkreisen einhergehen, sind mit Sicherheit Aufmerksamkeit wert, und sie gehören auch zu dem Phänomen, denn ohne Kornkreise gäbe es die daraus resultierenden Diskussionen in der Gesellschaft, in einschlägigen Pubs, in der Werbung und sonstwo nicht. Kornkreise tragen auch zu einem Umdenken in Umweltaspekten bei, ohne daß gleich der Esoterik-Trip oder die Endzeit-Hysterie ausbrechen muß. Die Schönheit der Kreise in ihrer natürlichen Umgebung schärfen den Blick für die Natur und die nahe Umwelt und lassen die Menschen, die einen Kornkreis aus der Nähe gesehen haben, zweimal darüber nachdenken, ob es sinnvoll sein kann, die Natur immer weiter zu zerstören - ganz gleich, ob diese Einsicht eine "Message" der Kornkreise ist oder nicht.
Auch wenn ein Kornkreis als Fälschung entlarvt wurde (heute ist wohl eher der "echte" Kornkreis unter Fälschungen zu entlarven), ist seine Bedeutung für eine Untersuchung des Phänomens Kornkreise nicht zu unterschätzen. Wichtig für eine detaillierte Erfassung der Kornkreisthematik ist, solange das Ausmaß der Fälschungen in früheren Jahren nicht zu überschauen ist, auch die Frage nach der Motivation der Fälscher. Warum legen Menschen Kornkreise an, die beweisen sollen, daß die nicht eindeutig klärbare Herkunft anderer Kornkreise gleichen Ursprungs sein soll? Hier spielt nicht nur die Soziologie sondern auch die Psychologe eine Rolle, in gewissem Sinne auch die philosophierende Parapsychologie, die sich in Richtung Sheldrake bewegt.
Völlig absurde Theorien abzulehnen, wenn das Gegenteil bewiesen werden kann, ist sicherlich akzeptabel und unausweichlich. Niemand wird versuchen, herauszufinden, ob Elvis über die Kornkreise zu uns spricht. Andere Theorien sollten zur Kenntnis genommen und als solche abgeheftet werden, wenn sie deutlich in eine Richtung abzielen, das Phänomen als Propaganda für eine andere Interessengemeinschaft auszunutzen (Prä-Astronautik u.ä.).
Jeder Versuch, das Kornkreisphänomen letztendlich in eine bestimmte Richtung drängen zu wollen, so ehrenhaft die Intention dessen auch sein mag, kann der seriösen Untersuchung nur schaden. Die Diversität in der Forschung ist für das Verständnis der Kornkreise existentiell wichtig, denn solange es keine überzeugende Theorie über Entstehung und Zweck der Kornkreise gibt, ist jeder von vornherein abgelehnte Versuch eines Lösungswegs ein Rückschlag für eine seriöse Forschung. Sollte also jemand der Gesellschaft den Rücken kehren, weil seine/ihre persönlich favorisierte Lösung nicht als Allheilmittel angeboten wird, sollte sich die Gesellschaft überlegen, was ihre Aufgabe ist. Meiner Meinung nach (die der Meinung der meisten Mitglieder gleicht, wie die Diskussion auf der Hauptversammlung gezeigt hat) hat sich die Gesellschaft in ihrer Forschung nicht nach einzelnen Mitgliedern zu richten, sondern die FGK als Körperschaft soll allen Mitgliedern ermöglichen, sich ein möglichst offenes Bild von dem Phänomen zu schaffen. Eine Gesellschaft soll - wie der Name schon impliziert - ein Sammelbecken sein, in dem sich möglichst viele zueinander gesellen, um ihre Ergebnisse, Ideen und Wünsche zusammenzutragen und zu koordinieren. Die Menschen, die nach Herrn Beier als "Orthodoxe und Fall-erledigt-Meinende" die Gesellschaft verlassen haben, taten gut daran. Gerade die so positiv als "Orthodoxe" umschriebenen Personen bergen doch das größte negative Potential, egal ob sie Fanatiker, Profil-Neurotiker oder einfach Querulanten sind, sie werden zu einer fruchtbaren Arbeit nichts beitragen können. Das können nur Viele mit unterschiedlichen Meinungen, und nicht Eine/r, der/die allen anderen seine/ihre Meinung aufzwängen will. Und was besonders wichtig ist: Fortschritte werden nicht dadurch erreicht, daß man passiv an der Gesellschaft teilnimmt. Der FGK-Report ist ein ausgezeichnetes Diskussionsforum für die Mitglieder und sollte in diesem Sinne viel stärker genutzt werden. Gerade der Dialog untereinander ist für eine Gesellschaft, die nur mit Theorien arbeiten kann, wichtig. So wäre die Hauptversammlung von der Diskussion noch interessanter gewesen, wenn sich mehr Mitglieder eingefunden hätten.
Zusammenfassend gesagt: ich habe mir meinen Weg im Wald gesucht, und ich würde mich freuen, wenn Sie sich Ihren suchen und uns anderen interessierten Mitgliedern Weggabelungen zeigen würden, die wir vielleicht noch gar nicht zur Kenntnis genommen haben, die zu beschreiten es sich aber lohnen würde. Die Kornkreisforschung geht in viele Richtungen, die alle gleichwertig und interessant sind, also: Illuc vadebitis, dorthin werdet ihr gehen, Kornkreise.
Erstveröffentlichung im FGK-Report # 1/96